Kreisky zur Ente machen

"Trouble" von der unfreundlichsten Band Wiens.

Einen geradezu comichaften Ruf als schlecht gelaunte Band haben sich Kreisky in den vergangenen Jahren erarbeitet, konstatierte Sänger Franz unlängst in einem Interview mit dem Musikmagazin The Gap.  Das ist ein Satz, der vieles einfacher macht. 
Weil was haben wir uns nicht geärgert, über diesen unsäglichen Erzähler, der seine eigenen Unzulänglichkeiten immerzu auf andere zu projizieren versucht; Diesen Ungustl, der in allem nur das Schlechte entdecken und niemandem einen glücklichen Moment vergönnen mag. Was stimmt nicht mit dem, haben wir uns gefragt.

Abarbeiten an „Meine Schuld…“ 
Und dann ist das Schämen gekommen. Gott, was habe ich mich geschämt, als mir klargeworden war, dass diese Erzählungen ebenso so gut aus meinem Tagebuch stammen könnten. Ich fühlte mich ertappt. Niemandem mehr habe ich in die Augen zu schauen getraut, so sehr plagte mich das schlechte Gewissen, so durfte das nicht bleiben. Nur, was tun? Einfach umdenken ging nicht. Wer würde die Lücke füllen, wenn ich auf einmal durch die rosa Brille sähe?

Da kommt die Comicmetapher gerade recht: Ich mache Kreisky einfach zur Ente. Sie ist aus Plüsch, kuschlig weich, hat einen orangefarbenen Schnabel und den immer offen. Den ganzen Tag quakt sie aufgeregt vor sich hin, quakt über Leben, quakt über Leute und die Welt. Ich setze sie zu mir ins Bett und freue mich. Weil sie so putzig ist, ich muss immer lachen, wenn ich sie sehe; Auch weil sie mir das Quaken abnimmt und weil ich sie lieb habe, über die Ente lasse ich nichts kommen. Wenn ich die Ente mag, die den ganzen Tag nur schimpft, dann mag bestimmt auch jemand mich, sage ich mir - und meine mich so bestens gerüstet, um ins neue Kreisky-Album einzutauchen.

So liest sich Trouble
Das neue Album „Trouble“ schließt an, wo Meine Schuld… vor zwei Jahren endete. Ja, die Menschen sind immer noch schlecht, „Ihr Hunde lasst mich los!“ faucht ihnen Sänger Franz zu. Sie rauben ihm die Luft, er kann sich gerade noch befreien. Wir ziehen weiter, vorbei an beschwingten Schauspielern und ewig jodelnden Verlieren, hinaus in die ungestörte Abgeschiedenheit der Prärie. Während Renate daheim auf die Farm aufpasst, verlieben wir uns in einen dramaturgischen Kunstgriff namens „Menschen Brauchen Liebe“. Diese anschmiegsamste aller Kreisky-Nummern klingt wie Himbeeren auf Vanilleeis, so versöhnlich und sanft; endet mit einem schönen Feuer. Nach einer bemerkenswert schwachen Nummer, sie heißt „Schließ Frieden“, mündet Trouble auf einer einsamen Insel im Schwarzen Meer. Zwar haben wir unsere zehn Lieblingsplatten dabei, aber wir können und wollen, können sie nicht und nicht mehr hören. Die Art, wie Kreisky hier die ausweglose Enge, den aufkommenden Wahnsinn geradezu fühlbar machen, ist großes Kino!

Nach knapp einer dreiviertel Stunde klappt die Ente die Lider zu und sinkt zufrieden in den Schlaf.
Trouble ist via Wohnzimmer Records / Buback Tonträger erschienen.
Modestrecke (<- 6 ->)
  • Nicht soo gut drauf: Kreisky
    Nicht soo gut drauf: Kreisky (© Ingo Pertramer, kreisky.net)
  • Geradezu absurd schlecht drauf sogar: Kreisky
    Auf den folgenden Bildern sind die Vier dann besser drauf! (© Ingo Pertramer)
  • Kreyskianer Martin
    Kreiskyaner Martin (© Tobias Sauer)
  • Kreyskianer Gregor
    Kreiskyaner Gregor (© Tobias Sauer)
  • Kreyskianer Klaus und Kreyskianer Franz
    Kreiskyaner Klaus und Kreiskyaner Franz (© Tobias Sauer)
  • Kreisky Trouble
    Kreisky - "Trouble", VÖ: 29. April 2011. Coverartwork von K. Mitter & M. Stöbich
Walter (Gast) - 2. Mai, 21:44

Heitere Gelassenheit!

Die relativ rüstige ORF-Jugendredaktion vertritt in ihren Ausführungen zum Drecksau-Axiom gar die Meinung, dass die Sau in uns allen stecke. Ein paar finstere Gedanken sind also bestimmt kein Grund zum Schämen. Anders schaut es mit dem Design dieser Seite aus, das schaut nach gar nichts aus, wenn du mich fragst.

eisbaerenimkopf - 4. Mai, 23:33

Enten überall,

hier aber DAS >>Bild<< zum Text. Mit Gedichten!

eb_nachhause