Gestern war ein Film im Fernsehen,

irgendwas mit Facebook.

Freitagnacht, 23 Uhr - kein Geld; wir sitzen in der WG und sehen fern. 150-mal digitaler Fernsehspaß, so gut wie gratis, fast. Postmaterielles Zeitalter, meint ein Schlaumeier; das sei der Euphemismus, mit dem sich die Langeweile neuerdings umgibt, weiß ein anderer. Noch depperter ist eigentlich nur das Fernsehprogramm.

Die On-Demand-Videothek preist Tron Legacy an; den Soundtrack, der den Film sehenswert machen soll, haben Daft Punk programmiert. Das Rennen macht trotzdem der Facebook-Film, dem hat nämlich Trent Reznor ein paar Klänge geschenkt. Jetzt gilt es eine weitere Entscheidung zu treffen: Fünf Euro für den sofort verfügbaren HD-Stream, oder gratis aus dem Internet laden? Wir haben Zeit.

Grafik (c) Gerd Altmann, pixelioEin paar Klicks mit der Maus und unser PC verbindet sich mit Hunderten von Rechnern aus aller Welt, alle auf der Suche nach Unterhaltung. Damit es schneller geht, wird die gewünschte Filmdatei in kleine Einzelteile zerlegt, die so lange untereinander getauscht werden, bis das Puzzle schließlich in Form einer perfekten digitalen Kopie auf unserer Festplatte zusammengefunden hat. Kollaboratives File-Sharing heißt das, die Arbeit übernimmt ein sog. Bit-Torrent-Client. Wie das im Detail funktioniert - keine Ahnung, von Technik verstehe ich nicht viel. Zwei Dinge weiß ich aber bestimmt: Nach einer Stunde haben wir den Film am Fernseher gestartet und: Wir sind alle kriminell.

Übergang zum Egalitarismus

Mit Anwälten muss sich auch Mark Zuckerberg rumschlagen. Das dürfte ihn allerdings ebenso wenig interessieren, wie mich. Viel interessanter, als der Plot seiner filmischen Biografie, ist nämlich der Hauptdarsteller selbst. Zuckerberg - stellvertretend für eine ganze Generation von „Internetnerds“ - wird als Eigenbrötler beschrieben, dem soziale Interaktion Schwierigkeiten bereitet. So talentiert er wohl sein mag, es fehlt ihm die Gabe, sich in andere hineinzuversetzen, ihre Gesten zu deuten und entsprechend zu beantworten. Aber er bemüht sich: er schließt - so wie Millionen von Menschen auf der ganzen Welt - Freundschaften im virtuellen Raum; er lernt dabei, seine Umwelt zu verstehen.
#

Soziale Netzwerke spannen also Brücken, die uns über den Abgrund der Vereinsamung tragen. Das Internet lässt uns miteinander kommunizieren, teilen und tauschen. Im Bruchteil einer Sekunde umrunden Worte, Bilder und Videos den Globus, wir kommen uns alle näher. Schön, gell? Aber da geht noch mehr!

Da ist nämlich noch ein zweiter finsterer Graben, den das Internet nicht nur überbrücken, sondern hoffentlich sogar zuschütten wird: jener der sozialen Selektion. Die Zeiten, in denen das einzige Buch im Dorf dem alten Nazi gehört hat, der es erst nach Absolvierung erniedrigender Aufnahmerituale weitergeben wollte, sind für immer vorbei. Heute sind Kunst, Kultur, Bildung und die Teilhabe am politischen Diskurs für alle da. Sicher, von jetzt auf nachher und ganz von allein wird's nicht gehen: Wenigstens einen Bookmark sollten wir schon auch auf eine Tageszeitung legen. Die ist auf Dauer sowieso interessanter als YouPorn, das musste ich auch erst lernen.
Walter voll Edel (Gast) - 11. Jun, 08:27

War nicht ausgemacht, dass wir in der Öffentlichkeit kein Wort über den Fernseher verlieren, bis diese G-I-S-Sache geklärt ist?!!

Public Value (Gast) - 11. Jun, 13:40

Kaum is was im Mainstream angekommen, schon isses ihm nicht mehr gut genug, hm? Schaut mal, YouPorn schafft über 8.000 Erwähnungen allein auf den Seiten der der österreichischen Tageszeitung "Der Standard":
http://www.google.at/search?q=YouPorn+site:derstandard.at

eisbaerenimkopf - 11. Jun, 15:54

Dein Link ist lustig, weil im Internet Explorer lässt Google immer zehn Ergebnisse mehr anzeigen :-) Das mit YouPorn ist mir jedenfalls vergangen, seit ich einen Essay darüber überflogen habe, eh auch beim Standard, denen ist ja nix zu deppert.. http://t.co/29aYLu8
PV (Gast) - 11. Jun, 14:06

Außerdem: Ich dachte, wir hätten den Tron nur deswegen ausgelassen, weil der alte Disney ein Rassist gewesen ist? Wenns nur wegen der Musi war, hätt ma auch bei der Schlagerparade bleiben können ;=)

eisbaerenimkopf - 11. Jun, 16:05

Der Walter hat da was gegoogelt, dass Disney zwar Antisemit war, dass man das aber schon auch im Kontext seiner Zeit verstehen müsse, weil früher ja alles anders war und diese rassistischen Ressentiments in den frühen Comics einfach die Gesellschaft vom damals abgebildet hätten. Außerdem hätten wir Toy Story nicht schauen dürfen, wenn wir Disney boykottieren, Pixar gehört gehört auch zu denen :(
P (Gast) - 11. Jun, 18:57

Pixar auch? Na geh, oft hast ein Pech.
Walter (Gast) - 13. Jun, 19:51

die von greenpeace haben toy story auch gesehen, da sind wir fein raus: http://tinyurl.com/barbieundherrtiger

eb_nachhause